Unsere Shark24 haben wir im Jahr 2019 auf der Boot Düsseldorf bei Bodo Günther gekauft. Sie liegt in Rorschach am Bodensee, hört auf den altertümlichen Namen „Ilse“ und trägt die Segelnummer SUI 2011. Primär ist es unser Familienschiff und bei typischem Binnenwetter erachten wir die Seemannsbeine unserer beiden Söhne (6 & 10 Jahre alt) als kräftig genug, trauen uns aber die Salzwassertaufe in der Familienkonstellation noch nicht zu. Somit wurde diese Reise als „Jungstrip“ konzipiert, das heisst mein Bruder Stefan, Sergio und meine Wenigkeit (Philip) nahmen uns diesmal vor, die Französische Mittelmeerregion zu erkunden. Vor zwei Jahren waren wir in dieser Konstellation mit unserer Shark bereits in Kalabrien, blieben aber stets in Küstennähe. Nun musste es mehr sein und das beginnt bekanntlich bei der Ausrüstung. Da sind zu nennen: GPS Pager (Garmin inReach Mini 2), zweite Reffreihe, Sturmfock, rutschfeste Schuhe, Radarreflektor, ein Dinghi, Rocna-Anker mit langer Kette, Kühlbox und Gaskocher. Ausserdem haben wir die Auflaufbremse von unserem Trailer verstärken lassen. Beim letzten Trip haben wir auf dem San Bernardino ein Rad verloren, weil der Anhänger allzu schnell (also permanent) in den Bremsen hing und sich von der Hitze die Radbolzen lösten. Ein Horror! Klar, Anhängerfahren will gelernt sein, aber selbst bei einer kleinen Shark sollte man ernsthaft überlegen, ob es wirklich ein Einachser sein muss.
Weiteres Learning aus dem Italientrip 2020: Vor der Abreise die Kosten für Kran und Trailer abstellen schriftlich bestätigen lassen! So taten wir das nun auch bei dieser Reise. Offeriert waren bei Monaco Marine, Saint Tropez EUR 480.-, gezahlt haben wir bei Abreise dann EUR 320.- (ohne das zu hinterfragen…).
Unsere erster Tagestrip am 20.06.2022 beträgt sagenhafte zwei Seemeilen. Nach der langen Fahrt an die Côte d’Azur, vergeht nochmal viel Zeit bis alles verstaut ist und so wollen wir einfach nur vor St. Tropez ankern und mit einem kühlen Bier die Ferien einläuten. Das Dinghi („Gummisau“), welches wir jeweils ohne Luft auf dem Vordeck verzurren, ist schnell im Wasser und unser 6 PS Aussenborder ummontiert. Damit ist auch diese Konstruktion getestet und beschert uns ein schönes Abendessen in einem vorzüglichen Fischrestaurant. Lustig, wie wir da in Flipflops mit unserem Dinghi direkt an der Terrasse anlanden und die feine Gesellschaft ein bisschen aufschrecken.
Am nächsten Tag geht‘s ausgeschlafen 46sm weit nach Antibes, wovon bei mässigem Wind 30sm gesegelt werden. Wir ankern vor der Stadtmauer und machen uns mit dem Dinghi in die Altstadt auf. Zu unserer Überraschung: Der Asphalt bebt: Fête de la Musique ist angesagt. Überall Livemusik mit Tanz auf den Gassen. Einfach herrlich, auch wenn man sich nach einem See-Tag ein wenig wie auf einem anderen Planeten fühlt!
vor Antibes
Wir sind nach den 102sm auch müde, was sich spätestens beim Ankermanöver in der Bucht vor Calvi (Golfe de Revellata) zeigt. Völlig ohne Not sind wir beinahe auf einen Felsen gerumst. Man hätte einfach die Seekarte seriös studieren sollen und/oder das Ankermanöver langsam und mit Motor fahren sollen! Wie sagt man so schön: Als Tiger gestartet und als Teppichvorleger gelandet. Jedenfalls lehren einem solche Vorfälle Demut.
Nach der Überfahrt in der Bucht vor Calvi
Wir schlafen und schnorcheln abwechselnd und segeln anschliessend mit achterlichem Wind bei böiger Düse ziemlich euphorisch in den Hafen von Calvi, der leider voll ist.
Die letzten Meter nach Calvi Hafen/Bojenfeld
So machen wir an einer Ankerboje vor Calvi fest (total im Windschatten) und satteln unsere Gummisau. In der Altstadt gibt es feines Essen für uns bevor der erste grössere Schlag mit der Ilse ausgiebig gefeiert wird. Als Yachties 😉 haben wir auch das Erbarmen der Türsteher mit unserer Flipflop-Garderobe.
Um die Mittagszeit brechen wir dann auf, um die korsische Westküste hinunter zu segeln. Sehr wechselhafte Winde bedingen unzählige Segelwechsel (inklusive eisernes Segel…) für die 33sm nach Porto d’Arone, wo wir an einer Ankerboje festmachen. Die weiteren zwei Schiffe sind glücklicherweise weit entfernt. Der Name Porto ist missverständlich, denn von Hafen kann hier keine Rede sein. Es handelt sich um eine kleine Bucht mit ca. drei Restaurants. Wunderbar, um abends mit dem Dinghi anzubeachen und noch ein Steak zu essen! Früh morgens werden wir dann von heftigen und sehr warmen Fallwinden aus Landrichtung geweckt, die in Abwechselung mit einem nahe vorbeiziehenden Gewitter im Westen für Wind- und Temperaturwechsel im (beinahe) Minutentakt sorgen. Sicherheitshalber klarieren wir den Anker und starten den Motor.
Porto d‘Arone
Das folgende Tagesprogramm ist dem des Vortages sehr ähnlich. Der Anker fällt diesmal um 20.15h in der Cala d’Orzu.
Am 28.06. steht dann Bonifacio auf dem Plan. Doch zuvor muss erstmal noch ein Gewitter gemeistert werden. Mit der Sturmfock und dem zweiten Reff fühlen wir uns zwar wohl, auch weil in der Zwischenzeit das Dreiergespann eingespielt ist, aber die kurzen Wellen aus Nicht-Windrichtung sind unangenehm. Zudem ist das Land nahe. Kurzum: Uns fehlt die Erfahrung und so kommt es, dass wir in den ersten 1-2 Stunden ständig überlegen, lieber raumschots Propriano anzulaufen. Aber die Götter sind uns gnädig und es wird doch noch ein schöner Segeltag, nachdem sich konstante Winde aus SW gegen die unsteten Gewitterwinde durchgesetzt haben. Zwischenzeitlich können wir unseren pinken Code Zero („Detlef“) setzen und die Fahrt beschleunigen. Mit achterlichem auffrischendem Wind und schöner Welle zum Abreiten geht es dann oft halsend auf die letzten Seemeilen nach Bonifacio.
Im «Short Final» von Bonifacio
Knackende Geräusche von Ruder oder Pinne veranlassen uns aber, die Garderobe deutlich zu reduzieren, und nur noch mit 5-6 Knoten den Endanflug an die steile Südküste Korsikas zu absolvieren. Singende Wanten und klappernde Fallen im Hafen sind dann auch ein untrügliches Zeichen dafür, dass wir an unserem Traumziel angekommen sind: Eine Shark in Bonifacio! Dieses Bild ist in den Mittelmeerhäfen oft so kurios, dass ich jeweils meinen Söhnen ein Hafenfoto mit dem Untertitel „Finde die Shark“ nach Hause maile. Die Hafengebühren betragen faire EUR 15.-/Nacht. Nun gilt es eineinhalb Tage lang die Stadt zu geniessen, Wäsche zu waschen und sich gegenseitig Seemannsgarn zu erzählen. Sergio muss uns anschliessend leider verlassen und so nehmen wir beiden Brüder die zweite Hälfte unseres Sommertrips zu zweit unter den Kiel.
Oben: Wäsche waschen in Bonifacio, unten: Blick von den Felsen auf die Altstadt
Bei zugigem Wind geht es durch die Strasse von Bonifacio und den Lavezzi / Cavallo Inseln vorbei in nördliche Richtung, wo der Wind auf herrliche 2-3Bft aus NE abfällt.
Nördlich der Strasse von Bonifacio
Der Anker fällt um 21.05h bei 7m Wassertiefe im Golfe de Porto Novo (zwischen Südspitze Korsika und Porto Vecchio).
Am ersten Tag des Juli steht uns dann der anstrengendste Teil der Reise bevor: Zunächst segeln wir noch platt vor dem Wind mit Spinnaker, bevor es dann heisst, bei immer schwächerem Wind gegen an zu kreuzen. Offenbar steht auch noch eine Strömung gegen uns, die wir auf ca. einen Knoten schätzen. Zudem hängt Stefan gesundheitsbedingt ziemlich in den Seilen (Covid 19, wie sich später herausstellte). Die Laune sinkt spätestens als wir aufgeben und das ewige Rattern des Aussenborders ertragen müssen. Von den 84sm nach Bastia segeln wir letztendlich nur 31sm. Der Rest erfolgt unter Motor durch die Nacht, mit Autopilot und langweilig nahe am Ufer entlang. Der Vorteil: Wir haben Internetverbindung und können mit der Marine Traffic App jeweils die Zugrichtung der grossen Pötte auch nachts gut im Auge behalten.
Im Morgengrauen an der Korsischen Ostküste
Vor Bastia fällt dann um 9.45h der Anker – einfach zum Ausruhen. Um 13.45h heisst es dann wieder „Anker auf“ und wir motoren die restlichen 18sm an die Nordspitze Korsikas. Einzig das Hafenmanöver in Macinaggio (Nachttaxe EUR 20.-) fahren wir unter Segeln; aus Prinzip. Der Ort ist sehr ruhig aber wenig aufregend. Dafür gibt es abends Moule et Frites und morgens die erste warme Süsswasser-Dusche in diesem Segelurlaub. Bislang musste immer der Gartenschlauch am Steg herhalten! Der nahegelegene Supermarkt hilft um die Wasser-, Wein- und Anker-Rum Vorräte aufzufüllen.
Am 3. Juli führt uns ein leichter Wind um das wunderschöne Cap Corse herum mit Bade- und Schnorchel- Pausen in den winzigen Hafen Port de Centuri.
Detlef in seinem Element: Segeln ohne Wind!
Port de Centuri, auf dem Vorschiff unser Dinghi
Dies ist ein pittoreskes Fischerörtchen in dessen flachem Hafen nur kleine Fischergondeln liegen. Wir tasten uns voran und freuen uns, das einzige fremde Boot zu sein. Ein Hafen – wie geschaffen für eine Shark24! Abends gibt es frischen Thunfisch bevor es dann morgens gilt, die 108sm nach Cannes in Angriff zu nehmen.
Obwohl wir ja schon beim ersten Schlag übers weite Meer Vertrauen gewonnen haben, sind wir dennoch ein wenig angespannt. Die Windvorhersage zeigt 25-30kn aus NW in der Nähe unserer geplanten Route – nicht auf unserer Linie (!) – an, aber man weiss ja nie. Schliesslich haben wir einfach zu wenig Erfahrung mit einer Shark bei viel Wind und Welle und wissen auch nicht, ob ich nur einen kleinen Sonnenstich habe oder mich auch noch mit dem „Käfer“ angesteckt habe. Aber es kommt ganz anders: Wir starten mit leichtem Wind, motoren im Anschluss (mit Stützsegel) und können zwischendurch wieder schön segeln. Dabei queren wir auch noch einen wild springenden Thunfischschwarm bei 43°N 8°31‘ E. Um 22h machen wir mit gerefftem Gross & Fock 5.5kn Fahrt und begegnen endlich mal Delphinen. Wunderbar! Um 1:45h ist’s dann vorbei. Der Motor plärrt uns wieder an. Um 6:00h funken wir die Maersk Guatemala an, die uns 0.5sm achtern passiert. Wir wollen einfach wissen ob er uns beobachtet hat und sind beruhigt, dass er uns seit 8sm auf seinem Radar sieht. Um 10:30h fällt der Anker vor Cannes. Ausruhen ist angesagt. Wir scheuen auch ein wenig davor zurück, nach so einem schönen Naturerlebnis ins mondäne Cannes einzulaufen. Um 15:45h ziehen wir dann doch den Anker und segeln bei ordentlich Wind in den Hafen von Cannes, wo wir 1.5h später an Pier F Platz 6 für EUR 20.-/Nacht festmachen. Wir nehmen unsere Vorurteile zurück: Wir begegnen sehr netten und neugierigen Bootsnachbarn. Mit einer Shark hat man ohnehin überall Fans haben wir festgestellt! Und auch sonst fühlt man sich nicht auf einem roten Teppich angeschwemmt. Der nächste Tag ist „Spielen“ angesagt: Wir motoren mit dem Dinghi zu den vorgelagerten Inseln und erschnorcheln einen untergegangenen Kleinkreuzer in Hafennähe.
Der letzte Segeltag meint es dann wieder gut mit uns. Hart am Wind steuern wir zunächst Saint Raphael an, entscheiden uns aber letztlich doch für Saint Tropez. Der Wind ist einfach zu schön. Wir planen wieder, an altbekannter Stelle zu ankern und trauen unseren Augen nicht, wie viele Superyachten es uns gleichtun. Beim Ankermanöver stellen wir uns im zu tiefen Wasser an wie Vollidioten und treiben (Motor macht Zicken…) auf eine grosse Motoryacht zu. Deren Crew konnte aber verhindern, dass wir mit unserem schwänzelnden Mast Macken in deren Bug (!!) ritzen. Auch der Eigner kam mit der Champagnerflöte hervor und hält ein humorvolles Schwätzchen mit uns. Um 20:30h fällt der Anker dann endlich in 8m Wassertiefe.
Anker-Rum vor St. Tropez auf unserem Kajütdach
Die vorbeifahrenden Yachten in der Bucht sorgen für unangenehmen Schwell und erschweren uns das Aufpumpen unseres Dinghis. Mit einem Anker-Rum in der Hand laufen wir dann mit unserer „Gummisau“ in St. Tropez ein, gehen dort Essen und stürzen uns ins Nachtleben, was uns Flip-Flop Beschlagene schon sehr an eine Freakshow erinnert. Aber am letzten Abend muss das eben sein.
Mit unserer «Gummisau» auf Erkundungstour im Hafen von St. Tropez
Am 8. Juli heisst es dann Auskranen in Port Grimaud und heimfahren. Schade, aber auch schön, nach 517sm und knapp drei Wochen später wieder wohlbehalten zu Hause zu sein!
Fazit: Segelreise mit der Shark? Einfachheit ist die höchste Stufe der Vollendung! 😉
Euer Philip Guzinski